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Atlantik Überquerung 2012 -2013 auf einer größeren Karte anzeigen

Dienstag, 17. Mai 2011

Sonntag/Montag 14./15. Mai 2011

Moin Zusammen,
die Tage vergehen langsam und haben einen eigentümlichen Rhythmus: schlafen, essen, dösen, essen, dösen, Wache und von vorn.
Der Wind hat ein klein wenig nachgelassen, dafür sind wir jetzt etwas höher am Wind (haben den Wind also mehr von vorn), damit wir nicht an den Azoren vorbeirauschen. Für das Bordleben macht das damit keinen Unterschied: es schaukelt und rattert was das Zeug hält.
Als bekennender Simulant ( www.sondersignalfahrt.de ) macht man sich so seine Gedanken wie die Bewegungen am besten beschrieben werden können, vielleicht so:
Dominat ist das Gefühl von Geschwindigkeit, wie eine zu schnelle Tatra-Straßenbahn die über Leipziger Schienen viel zu schnell dahin rast, oder ein D-Zug der über ein altes Gütergleis fegt, im Schienenstrang immer mal wieder eine kleine Lücke die für kurze aber harte Schläge sorgt.
Dazu kommt das Schaukeln und Rollen, aber nicht so gleichmäßig wie ein Segelboot auf dem See. Eher wie eine Schiffsschaukel die auf einer Seite nicht richtig befestigt ist und beim Schaukeln anfängt zu eiern. Dazu ein immerwährendes Fallen in die Wellentäler, ganz so wie ein Flugzeug in Turbulenzen. Oder ein wenig dramatischer: stellt euch einen Fahrstuhl vor, der in einem von einem Erdbeben angestoßenen Haus immer wieder durchsackt. Soweit alles klar?
Grandios wird es wenn die Orpheus zum Sprung ansetzt. 23 to steigen aus dem Wasser und knallen auf die nächste Welle wie auf Beton. In den Vorschiffkabinen (Düse an Steuerbord, Nicky und ich an Backbord) hebt es uns dann regelrecht aus den Matratzen.
So eine Welle hat in der letzten Nacht Düses Schrank explodieren lassen (huch), die Aufräumarbeiten haben bis in die frühen Morgenstunden gedauert. Die gleiche Welle war es wohl auch, die Nicky (auf Wache im Cockpit) in den Kragen gestiegen ist und am Rücken wieder raus. Alles halb so schlimm, nach nicht mal 10 Minuten hatte die Restfeuchte Körpertemperatur erreicht.
Alles in allem nicht gerade eine Kaffeefahrt, körperlich anstrengend und nervenzehrend.
Heute hat Düse sehr zum Missvergnügen des Skippers die Angel rausgehalten. Der erste Fisch hat sofort gebissen, aber nicht gehalten. Der Zweite hielt schon länger, jedenfalls solange bis wir die Maschine gestartet hatten, abgefallen sind, und die Genua reingenommen hatten. Düse hat fleißig gekurbelt, aber auch der Fang war uns nicht gegönnt.
Ach ja einen (ehemals) Fliegenden Fisch hat es in der Nacht ins Cockpit verschlagen, groß wie ein Hering. Dem haben wir kurzerhand eine Seebestattung zuteilwerden lassen. Am Nachmittag hat uns dann noch eine Delphinfamilie ein kurzes Stück begleitet.
Gestern hat sich Michl einen Zeh kräftig angestoßen, chirurgische Maßnahmen waren nicht erforderlich, aber mächtig rund geschwollen und tiefviolett ist er geworden.
Ansonsten ist alles im Lot auf dem Boot, äh nein, das Lot wäre ja längst aus dem Fenster geschaukelt.
Also alles in Butter auf dem Kutter und alle ziemlich wohlauf.

Bis dahin Reinhard.
Hier die letzten Infos am 16.05. um 18:40 :
Wind 18 - 20 kn, Dünung ca. 1,5 m
Bis La Horta jetzt noch 507 von 2.250 sm.
Unsere Position : 36°00,7N 38°45,8W
Wir rechnen damit am Donnerstagnachmittag in La Horta zu sein.